Die Phlebologie, Angiologie und Lymphologie beschäftigt sich mit den Erkrankungen des Gefäßsystems, insbesondere am Bein. Aufgrund des aufrechten Gangs des Menschen sind diese Adern einer besonderen Belastung unterworfen. Daher treten hier häufig im Laufe des Lebens schwere Veränderungen (Krampfadern, Durchblutungsstörungen) auf.
Bei der Behandlung von Beschwerden durch Veränderungen an den Adern des Beins (Durchblutungsstörungen, Krampfadern) steht die Untersuchung der Ursache (Pathogenese) im Vordergrund. Mit Hilfe nicht-invasiver, den Patienten nicht belastender Verfahren lassen sich wesentliche Erkenntnisse über die Ursache der Beschwerden herausfinden. Die Störungen können den Transport des Blutes in die Beine vom Herzen (Angiologie), den Abtransport des Blutes aus den Beinen zum Herzen (Phlebologie) oder den Abtransport der anfallenden Gewebsflüssigkeit (Lymphologie) betreffen. Häufig liegt eine Kombination aller drei Komponenten vor. Es ist dann medizinisch wichtig, mit Hilfe von Ultraschall - Untersuchungen die Gewichtung dieser einzelnen Komponenten zu erfassen. Diese Gewichtung fließt auch in die Behandlung ein: z.B. ist die Kompressionstherapie bei Störungen des Venensystems und Lymphgefäßsystems sinnvoll, kann aber bei schwerer Durchblutungsstörung kontraindiziert („verboten“ – weil verschlechternd) sein.
Was sind Krampfadern?
Krampfadern sind krankhafte, permanente Erweiterungen größerer Venen mit Schlängelungen und Knotenbildung. Krampfadern, medizinisch Varizen, Varikosis oder Varikose genannt, gehören zu den häufigsten Leiden in den westlichen Industrieländern.
Die Bereitschaft zur Krampfaderentwicklung ist meist angeboren. Etwa 80% der Patienten mit Krampfadern haben Eltern oder Großeltern mit Krampfadern. Ursächlich ist eine Venenwandschwäche (“Bindegewebsschwäche”), wobei die Venenklappen nicht mehr normal schließen. Alle Venen sind mit Venenklappen ausgerüstet, die wie Ventile wirken und das Blut nur in eine Richtung zum Herzen hin fließen lassen. Da wir Menschen aufrecht gehen, muss das Blut in den Venen beim Sitzen, Stehen oder Gehen von den Füßen “bergauf” zum Herzen zurückfließen. Dieses Transportproblem wird bei gesunden Venen durch das Zusammenspiel der Venenklappen und der Wadenmuskelpumpe spielend bewältigt. Bei Krampfadern ist dies jedoch problematisch. Das Krampfaderleiden ist die häufigste Gefäßerkrankung der unteren Extremitäten.
Welche Formen des Krampfaderleidens gibt es?
Stammvarikose:
Bei dieser wichtigen Form der Varikosis liegt eine krankhafte Veränderung einer der großen Adern (Vena saphena magna und Vena saphena parva) des oberflächlichen Venensystems zugrunde.
Seitenastvarikose:
Dieser Form liegt ein Krampfaderleiden der Seitenäste der großen Stammvenen zugrunde. Oft treten Stamm- und Seitenastvarikose gemeinsam auf.
Perforansvarikose:
Die Perforansvenen verbinden das oberflächliche mit dem tiefen Venensystem. Wenn ihre Venenklappen nicht mehr funktionieren, kommt es häufig zu Beingeschwüren (offenes Bein, Ulcus cruris).
Retikuläre Varizen:
Bei dieser Art handelt es sich um ca. 3-5 mm kleine, netzförmige (retikuläre) Krampfadern, die insbesondere bei Frauen im mittleren Alter auftreten.
Besenreiser:
Hierbei handelt es sich um winzige, in der obersten Hautschicht verlaufende, sich häufig fächerartig ausbreitende Äderchen.
Welche Beschwerden können Krampfadern verursachen?
Krampfadern sind nicht nur unschön, sondern können aufgrund des gestörten Blutflusses in den Venen auch Beschwerden bereiten. Bei kranken Venen kommt es zur Stauung des Blutes in den Beinen. Durch den erhöhten Druck in den Venen, insbesondere beim Stehen und Sitzen, erweitern sich die Venen immer stärker und die noch funktionsfähigen Venenklappen werden geschädigt. Diese Stauung bewirkt die Verschlechterung von Krampfadern, das Auftreten eines Schweregefühls, Unterschenkelschwellungen (Ödeme), nächtliche Wadenkrämpfe und eine Erhöhung der Thrombosegefahr. Bei langer Bestandsdauer kann es zum Auftreten von Hautveränderungen (bräunliche Verfärbung, Verhärtung) und Beingeschwüren (Ulcera crurum venosa, sog. “offenes Bein”) kommen, deren Behandlung häufig langwierig und kompliziert ist.
Da es in den Krampfadern zu einer Verlangsamung und teilweise auch zu fehlgerichteter Strömung des Blutes kommt, kann die Venenerkrankung auf die tiefen Beinvenen übergreifen und sogar zu einer tiefen Beinvenenthrombose führen. Hierdurch können irreparable Schäden an den tiefen Beinvenen entstehen.
Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?
Wie bei allen chronischen Erkrankungen ist es wichtig, diese Behandlung rechtzeitig zu beginnen.
Hierzu gehören:
Kompressionsverbände bzw. Kompressionsstrümpfe
Sie lindern die Beschwerden, allerdings ohne das Krampfaderleiden zu beseitigen. Bei den Kompressionsverbänden erfolgt ein straffes Wickeln des Vorfußes und des Unterschenkels mit 2 Kurzzugbinden (zum Beispiel Kompressionsverband nach Pütter). Die Kompressionstrümpfe müssen eng anliegen. Daher muss genau Maß genommen werden.
Operationen:
- Entfernung der größeren oberflächlichen Krampfadern, insbesondere des Stamms der V. saphena magna und parva sowie größerer Seitenästen.
Interventionelle Phlebologie
- Endoluminale Laser - und Radiowellentherapie
- Verödungsbehandlung (Sklerosierung)
- Lasertherapie (bei sehr kleinen Besenreiser)
Bei der ambulanten Behandlung sind zwei Behandlungsmethoden besonders wichtig, da sie nebenwirkungsarm durchzuführen sind:
Sklerosierung mit feinsten Nadeln
Bei der Sklerosierungstherapie wird in die Besenreiser ein Verödungsmittel eingespritzt. Im Idealfall ist pro Gefäßbäumchen nur ein Stich notwendig. Dadurch kommt es zu einer Schädigung des Äderchens von innen (Endothelschädigung). In den Wochen bis Monaten danach wird das Gefäß vom Körper abgebaut.
Lasertherapie
Bei der modernen Laserbehandlung wird die Wellenlänge des Lichts so gewählt, dass hauptsächlich rote und blaue Strukturen (d.h. die erweiterten Äderchen) den Energiestrahl absorbieren und zerstört werden und das umgebende Gewebe (d.h. auch die oberen Hautschichten) geschont wird. Die Lasertherapie eignet sich besonders für die feinen, sehr oberflächig liegenden Besenreiser und Flecken.
Komplikationen des Krampfaderleidens
I. Venenthrombose
Unter einer Venenthrombose verstehen wir die Bildung eines Gerinnsels bzw. eines “Blutpfropfes” meist in den Beinvenen, der das Gefäß teilweise oder vollständig verschließt. Die Beine schmerzen leicht, insbesondere in den Waden. Das Gewebe am Unterschenkel und an den Knöcheln schwillt an und man empfindet ein Schwere- und Spannungsgefühl in den Beinen. Gerade zu Beginn einer Thrombose können einzelne Symptome fehlen. Ein Alarmzeichen und möglicher Hinweis auf eine Lungenembolie sind Luftnot und Atembeschwerden.
Wenn das Blut in den Venen nur sehr langsam fließt oder sogar zeitweilig überhaupt nicht weiter transportiert wird, kann es zuerst im Bereich der Venenklappen zu einer beginnenden Thrombose kommen. Beim gesunden Menschen tritt dies besonders bei langen Flug- oder Autoreisen auf. Besonders gefährdet ist man, wenn man selber oder jemand in der Familie schon einmal eine Thrombose erlitten hat. Krampfadern erhöhen das Risiko einer Thrombose, weil bisweilen Venenentzündungen in Thrombosen der tiefen Beinvenen übergehen. Ein weiterer Risikofaktor ist die Einnahme der Anti-Baby-Pille. Thrombosen werden mit zunehmenden Alter, insbesondere ab dem 40. Lebensjahr, häufiger.
Wie sich eine tiefe Beinvenenthrombose entwickelt, ist nicht vorauszusagen. In manchen Fällen löst sich der Thrombus von selbst auf und es entstehen keine weiteren Folgeschäden. In der Mehrzahl der Fälle entstehen jedoch nicht rückgängig zu machende Spätschäden im betroffenen Bein. Hierzu zählen z.B. sogenannte Unterschenkelödeme (Schwellungen durch Einlagerung von Wasser im Gewebe), die Ausbildung von Krampfadern und die Entstehung von sogenannten “offenen Beinen” (schlecht heilende Geschwüre aufgrund mangelnder Versorgung des Gewebes). Eine unmittelbar lebensbedrohende Gefahr ist die Lungenembolie. Sie entsteht, wenn sich ein Gerinnsel von der Venenwand löst und mit dem Blut in die Lunge gelangt.
Wie wird eine Thrombose behandelt?
Die sogenannten niedermolekularen Heparine, die unter die Haut gespritzt werden, “bremsen” gezielt den Gerinnungsprozess, ohne das Gerinnungssystem vollständig auszuschalten. Dadurch wird ein Fortschreiten der Thrombose gestoppt und schließlich der Thrombus aufgelöst. Dieser Vorgang wird durch Kompressionsverbände unterstützt. Seltener ist eine operative Entfernung des Thrombus erforderlich.
Wie kann ich eine Thrombose verhindern?
In Risikosituationen sollten gezielte Bewegungsübungen durchgeführt werden. Risikopersonen mit Krampfadern oder gehäuften Thrombosen in der Familie sollten bei längeren Flug- und Autoreisen Kompressionsstrümpfe tragen.
II. Unterschenkelgeschwür (Ulcus cruris)
Ein Unterschenkelgeschwür (offenes Bein) ist eine nicht heilende Wunde, die meist durch Durchblutungsstörungen bedingt ist.
Die häufigste Ursache des offenen Beins ist ein chronisches Venenleiden (etwa 70%). Dies kann im Wesentlichen durch 3 Faktoren bedingt sein:
1. Krampfaderleiden (Varikose)
2. Postthrombotisches Syndrom (Klappenzerstörung und Venenwandveränderungen nach Thrombose)
3. Ausfall der venösen Pumpfunktion (bei verminderter Beweglichkeit im Knöchelgelenk)
Durch den gestörten Abfluss von Blut aus dem Bein erhöht sich vor allem beim Stehen der Blutdruck im Bein so stark, dass die Haut sich entzündet und das Gewebe oft so stark geschädigt wird, dass es abstirbt. Eine andere Ursache (10-20%) von Unterschenkelgeschwüren sind Verschlüsse der Arterien. Dadurch wird weniger Blut vom Herzen ins Bein transportiert und es kommt zu Ernährungsstörungen der Haut bis hin zum Untergang des Gewebes. Seltene Ursachen von Unterschenkelgeschwüren sind Gefäßentzündungen und Nervenschäden.
Wie werden die Ursachen eines Unterschenkelgeschwürs festgestellt?
Alle Basisuntersuchungen sind ohne Nebenwirkungen nicht invasiv durchzuführen. Zum Nachweis eines chronischen Venenleidens führen wir einen Bewegungstest zur Kontrolle der Muskelpumpe am Unterschenkel durch (Photoplethysmographie) und messen die Beweglichkeit am Sprunggelenk. Die Venen werden durch Ultraschalluntersuchungen in ihrer Funktion untersucht (Doppler- und farbkodierte Duplexsonographie). Der Arteriendruck an den Beinen kann ebenfalls durch einfache Ultraschalluntersuchungen kontrolliert werden.
Welche Komplikationen drohen bei chronischen Unterschenkelgeschwüren?
Bei allen chronischen Wunden können durch Bakterien, die in die Lymphbahnen eindringen, Wundrosen (Erysipel) entstehen. Sie äußern sich als rasch größer werdende Rötungen und Überwärmungen am Bein, oft einhergehend mit Abgeschlagenheit und Fieber. Oft haben Patienten mit Unterschenkelgeschwüren Allergien gegen bestimmte Salben oder Desinfektionsmittel. Dies kann durch Allergietests nachgewiesen werden.
Welche Therapie ist die richtige?
Beruht das Unterschenkelgeschwür auf einem Venenleiden, sollten folgende Punkte berücksichtigt werden:
- Krampfadern können oft operiert oder verödet werden.
- Kompressionsverbände oder -strümpfe verbessern den venösen Blutfluss.
- Die Beweglichkeit des Sprunggelenkes wird durch spezielle Übungen gesteigert.
- Venenkranke sollten die Beine öfter hoch legen, Arterienkranke sollten die Beine eher tief legen.
- Säuberung der Wunde, operativ - chirurgisch, durch moderne Enzympräparate oder mittels einer Madentherapie (Biochirurgie)
- Kontrolle der Bakterien bzw. Reduktion der Bakterien durch moderne Antiseptika und/oder elementares Silber
- Exsudatkontrolle (feuchte Wundbehandlung, aber keine "nasse" Wundbehandlung)
- Shave-Therapie nach Schmeller zum Abtragen der verhärteten Wundränder (Dermatoliposklerose) und Verbesserung der Durchblutung.
- Transplantation zum Verschluss des Hautdefekts